Am 7. März 2015 beschäftigte sich beim Institut „Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“ (RPP) in Wien eine Fachtagung mit dem Thema Perfektionismus und Vollkommenheit. Pater Sylvester Heereman von der Ordensgemeinschaft der Legionäre Christi referierte dabei zum Thema: Transzendenz als Weg aus der Sackgasse. Weitere Referenten waren unter anderem die Theologin Hanna Barbara Gerl-Falkovitz aus Dresden, der Psychologe Heiko Ernst und Institutsleiter Raphael Bonelli.
Offenheit für den anderen
„Die gute Nachricht ist die, dass ein vollkommenes Leben, ein Leben in Fülle, also in der Güte, möglich ist“, baute Pater Sylvester Heereman LC als einer der Referenten die Brücke vom Perfektionismus zur Vollkommenheit. In seinem Beitrag „Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater – Transzendenz als Weg aus der Sackgasse“ stellte er unter anderem fest: „Das Heilmittel besteht nicht darin zu leugnen, dass wir unvollendet und bedürftig sind oder aber sich einfach damit abzufinden. Das Heilmittel besteht vielmehr darin, unser Unvollendet- und Bedürftig-Sein richtig zu interpretieren: Es ist nicht eine Mangelerscheinung, sondern konstitutive Offenheit für den anderen, für die Gemeinschaft, für die Liebe, für Empfangen und Schenken – in einem Wort: für die Güte.“
Nein zu allem sagen, was meine Liebesfähigkeit, also meine Freiheit, mindert.
Auch das Nein aus Liebe gehört dazu
„Ganz ohne Nein geht es nicht. Und zwar werden wir immer wieder nein sagen müssen, zu allem was der Güte widerspricht: in mir selbst, aber auch in anderen. Jesus Christus war die menschgewordene Güte Gottes – sein Nein“ zu allem, was der Liebe widerspricht, hat ihn ans Kreuz gebracht.“
An der Fachtagung „Perfektionismus und Vollkommenheit“ des Wiener Instituts „Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“ (RPP) hatten rund 300 Fachleute aus Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie teilgenommen. „Die Fachtagung des RPP hat mir zweierlei gezeigt: Wie viel wir für unsere seelsorgliche Arbeit von der Psychologie profitieren können und wie viel andererseits das christliche Menschenbild eine Bereicherung für die Arbeit der Therapeuten sein kann. Ich kann Prof. Raphael Bonelli nur gratulieren zu dieser Initiative, die den Dialog zwischen Wissenschaft und Glaube auf hohem Niveau fördert“, freute sich P. Sylvester, der im Generalrat der Legionäre Christi für die Ausbildung des Ordensnachwuchses zuständig ist.
Zwischen Ideal und Wirklichkeit
Institutsleiter Raphael Bonelli sagte im Interview mit „Kathpress“, der Katholischen Pressagentur Österreichs: „Religion im Allgemeinen und der christliche Glaube im Besonderen beinhalten einen Aufruf zu jener Vollkommenheit, die im Widerspruch zu einem von Fehlerangst geprägten, krankmachenden Perfektionismus steht.“ Er verwies auf die Forderung Jesu im Matthäusevangelium: „Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!“ Durchaus habe Jesus hier zu einem „lebenslangen Bemühen darum, dem Ideal zu entsprechen, jedoch im Wissen um die eigene Unzulänglichkeit“ aufgerufen. Das Hinnehmen dieser Spannung erfordere „eine große Portion Demut“, so Bonelli.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Instituts: Religiosität in Psychiatrie und Psychologie RPP: rpp-institut.org.
Auf Anfrage senden wir Ihnen den Vortrag von Pater Sylvester Heereman gerne zu: info.de(at)legionaries.org