Pater Tobias Völkl LC, geboren 1971 in München, studierte vier Jahre Maschinenbau an der TU München, und promovierte im Jahr 2000 in Raumfahrtwissenschaft an der Universität Pasadena. Während seines Studiums lernte er die Legionäre Christi kennen und trat im Sommer 2001 in den USA in die Ordensgemeinschaft ein. Im Dezember 2008 wurde er zum Priester geweiht. Seit 2011 arbeitet er als wissenschaftlicher Assistent und als Studienpräfekt am Studienzentrum der Legionäre Christi in Rom.
Frage: Die Päpstliche Hochschule „Regina Apostolorum“ ist mit 21 Jahren Geschichte noch ziemlich jung: Warum führen die Legionäre Christi eine eigene Hochschule?
Pater Tobias Völkl: Das ist eine wichtige Frage, die wir auch selber diskutieren, weil es viele Hochschulen in Rom gibt. Eine Hochschule ist immer auch eine Plattform, um in der heutigen Welt besser gehört zu werden, um hinausgehen zu können in die unterschiedlichen Kulturen. So gelingt es uns gerade mit der Fakultät für Bioethik im öffentlichen Leben in Italien, aber auch in anderen Teilen der Welt der Stimme des Evangeliums, der Stimme der Kirche Geltung zu verschaffen. Unsere Professoren werden als Experten auf wissenschaftlichen Kongressen eingeladen, viele Diözesen fragen Dozenten der Regina Apostolorum für Fortbildungskurse an, und ein Mitbruder tritt derzeit als Experte in Talkshows auf, wo er zu Fragen von Euthanasie oder künstlicher Befruchtung Stellung nehmen kann. Ein weiterer Professor fuhr vor Kurzem auf Wunsch einiger Bischöfe Mittelamerikas in deren Diözesen Fortbildungskurse für die Priester in Bioethik.
Frage: Warum muss die philosophisch-theologische Ausbildung bei den Legionären Christi so lange sein?
Pater Tobias Völkl: Die Frage kann man nicht nur an die Hochschule alleine richten, die Hochschule ist nur ein Teil der Ausbildung, die praktische Ausbildung findet vor allem im Kolleg statt. Die praktische Ausbildung ist dabei ganz wesentlich, was ja auch Papst Franziskus besonders betont. Die Brüder verbringen lange Zeiten im pastoralen Praktikum in verschiedenen Ländern. Im Studium versuchen wir dann auch immer konkrete Fälle aus der Praxis anzusprechen. Die lange Ausbildungszeit, in der Regel sind es zwölf Jahre, ist dabei kein Selbstzweck, sondern verfolgt für jeden individuell bestimmte Ziele.
Beim Studium in Rom steht zwar die Pastoral zunächst im Hintergrund, aber es gibt auch ganz konkrete pastorale Projekte: So sind wir im Vorfeld der Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. in Rom auf Stadtmission gegangen, d.h. wir sind auf die Straße gegangen und haben mit den Menschen gesprochen, sie zum Glauben eingeladen. Das führen wir in Zusammenarbeit mit der Diözese von Rom seitdem weiter fort, so dass die jungen Brüder in der Ausbildung spüren, was es z.B. heißt, Jugendliche und junge Leute auf der Straße anzusprechen und welche Hindernisse es dabei gibt. Für die Jahrgänge, die sich unmittelbar auf die Priesterweihe vorbereiten, halten wir z.B. Beichtkurse mit konkreten Alltagsfällen, wo wir Empfehlungen für Verhaltensweisen und Lösungsansätze liefern. Die Ausbildung findet also keineswegs im realitätsfernen akademischen „Elfenbeinturm“ statt.
Frage: Was ist das besondere Profil dieser Hochschule?
Pater Tobias Völkl: Ein Schwerpunkt der Hochschule ist sicher die philosophische Ausbildung der Studenten. Hier ist unsere Fakultät für Philosophie im Vergleich zu anderen Hochschulen gut aufgestellt, allein durch die große Studentenzahl. Dadurch kann sie mehr Kurse anbieten und zieht mehr Professoren an. Die Philosophie wird an anderen theologischen Hochschulen nicht so stark betont. Dieser Vorzug, der auch von anderen Universitäten gesehen wird, kommt besonders unserem Ziel der Neuevangelisierung entgegen.
Denn wenn wir heute Seelsorge vor Ort beginnen wollen, können wir nicht sofort bei der Verkündigung von Glaubensinhalten ansetzen. Die Menschen lassen sich aber allgemein eher mit z.B. existenziellen Fragen ansprechen: Was ist der Mensch, was ist der Sinn des Lebens.
In der Theologie vermitteln wir vor allem die pastorale Dimension des Glaubens. Zwar hat die theologische Wissenschaft sicherlich einen Wert in sich selber, aber wir möchten ja Apostel ausbilden, also Glaubenszeugen, die den Glauben in der heutigen Welt zu verkündigen haben. Hier geht es uns vor allem um eine Klarheit in der Sprache über den Glauben, nicht bloß um den letzen Schrei der Wissenschaft. Es sollen klare Grundlagen geliefert werden, was denn der zentrale Inhalt unseres Glaubens ist. Und diese solide Grundlage fehlt heute vielen Menschen.
Frage: Wie stellt sich die Situation der Hochschule heute dar?
Pater Tobias Völkl: An der Hochschule selber bilden wir an der theologischen Fakultät im Grundstudium (Bachelor) derzeit neben den eigenen 140 Studenten auch 93 Diözesanseminaristen aus, die aus Lateinamerika, aus Indien, aus osteuropäischen Ländern, aber auch aus China kommen. Diese Studenten gehören zum Päpstlichen Kolleg „Maria Mater Ecclesiae“. Papst Johannes Paul II. hat unser Ordensgemeinschaft vor über zwanzig Jahren die Verantwortung für dieses Kolleg übertragen. Dazu kommen noch etwa 50 Studenten für das Lizenziat, vor allem Legionäre Christi und Seminaristen des Kollegs „Maria Mater Ecclesiae“. Außerdem Ordensleute, einzelne Schwestern und Laien von anderen Kommunitäten.
An der Fakultät für Philosophie studieren etwa 170 Legionäre Christi im Grundstudium, das 2012 in einer Studienreform der kirchlichen Hochschulen von zwei Jahren auch auf drei Jahre verlängert wurde, um den Bachelor in Philosophie den Normen des Europäischen Hochschulraums anzugleichen („Bologna-Prozess“). Die Fakultät für Bioethik ist eine Besonderheit unserer Hochschule. Sie dient mehr der Spezialisierung. Daher wird sie vor allem von Lizenziatsstudenten frequentiert, derzeit ungefähr 30.
Für die eigenen Studenten und die Studenten des Kollegs Maria Mater Ecclesiae muss unsere Ordensgemeinschaft Stipendien zur Verfügung stellen, also die Ausbildung selber bezahlen. Hinzu kommen noch einige Studenten anderer, kleinerer geistlicher Gemeinschaften, auch hier müssen wir finanziell zuschießen.
Frage: Wie hat sich der Erneuerungsprozess der Legionäre Christi auf die Ausbildung ausgewirkt?
Pater Tobias Völkl: Einer der Aufträge des Generalkapitels an die neue Ordensleitung war es, einen neuen Ausbildungsplan (ratio institutionis) zu entwickeln, und daran arbeiten wir. Aber die Neustrukturierung des Studienkollegs begann schon vor dem Generalkapitel. So wurden die Tagespläne neu überarbeitet, mit Fortschreiten des Studiums wird den Brüdern nun u.a. mehr Freiraum für die Eigenverantwortlichkeit gegeben. Das zeigt, dass wir die Brüder ernst nehmen, dass sie im Lauf des Studiums reifer werden, dass der einzelne Ordensmann selbst Verantwortung für seine Ausbildung übernehmen muss, wie er sein Studium strukturiert und seine Ganzhingabe als Ordensmann lebt.
Frage: Welche Impulse von Papst Franziskus konnte die Hochschule in ihrem aktuellen Lehrbetrieb bereits aufgreifen?
Pater Tobias Völkl: Die Impulse des Heiligen Vaters sind ganz wichtig für uns, das ist auch ein Grund, warum wir die Ausbildung in Rom durchführen, in der Nähe zum Papst, zum Lehramt, zum Herzen der Kirche. Wir sehen hier vor allem die Herausforderung, die Inhalte des Glaubens, die vielfach nicht mehr verstanden werden, neu zu vermitteln. Die Herausforderung ist, das Wesentliche des Glaubens in der Verkündigung transparent werden zu lassen, und ihn so für die Menschen von heute wieder verständlich zu machen. Der Einfluss von Papst Franziskus ist dabei nicht nur im Studium seiner Texte und Ansprachen zu finden, die auch immer wieder als Tischlesung dienen. Oft haben wir auch Gelegenheit, an der Liturgie des Papstes teilzunehmen, wie jetzt erst beim Abschluss der Bischofssynode und bei der Seligsprechung von Papst Paul VI. Mit all dem möchten wir den Brüdern einen Enthusiasmus vermitteln, damit sie sich im Anliegen des Papstes, den Glauben bis an die Ränder der Welt zu verkünden, vereinigen und durch die Worte des Papstes auf die Stimme des Herrn der Kirche, Jesus Christus, hören können.
Der Studienpräfekt, den man vor allem an kirchlichen Einrichtungen kennt, kümmert sich um einen möglichst reibungslosen Verlauf des Studiums der Seminaristen. Während der Spiritual die geistliche Begleitung der Theologen im Blick hat, erhält der Studienpräfekt vom Rektor den Auftrag, die Studenten in Studienangelegenheiten zu beraten. Konkrete Aufgabenbereiche sind die persönliche Begleitung der Studenten und der Überblick über die Fortschritte und Erfolge im Studium.
Päpstliche Hochschule „Regina Apostolorum“ und Studienzentrum
Die Hochschule „Regina Apostolorum“ wurde am 15. September 1993 gegründet und von der Päpstlichen Kongregation für das katholische Bildungswesen bestätigt. Am 11. Juli 1998 verlieh ihr Papst Johannes Paul II. den Titel einer Päpstlichen Hochschule. Am 23. April 1999 wurde das Institut für höhere Religionswissenschaften gegründet, das die Ausbildung von Religionslehrern ermöglicht. Eine ganz neuartige Fakultät für Bioethik wurde am 21. Mai 2001 errichtet. Insgesamt hat die Hochschule mit allen Fakultäten insgesamt 950 eingeschriebene Studierende. Rektor ist P. Jesús Villagrasa LC aus Spanien, der auch Mitglied des Generalrats ist. Die Hochschule hat heute drei Fakultäten (Fachbereiche): Philosophie, Theologie und Bioethik. Sie bieten Studenten verschiedene Abschlüsse und Studiengänge an, wie Bachelor (nach drei Jahren für Theologen), Lizentiat (Regelstudienzeit zwei Jahre) und Doktorat (Mindeststudienzeit zwei Jahre). Die derzeit 340 Legionäre Christi im Studienzentrum kommen aus 19 Ländern. Der Unterhalt für einen Bruder in Ausbildung kostet 11.100 Euro pro Jahr. Die Rektoren im Studienzentrum sind P. Hernán Jiménez LC (Gemeinschaft der Theologiestudenten) und P. Guillermo Meade LC (Gemeinschaft der Philosophiestudenten im Grundstudium).