Vor eineinhalb Jahren kam ich nach Mexiko. Derzeit studiere ich in Monterrey, im Norden von Mexiko, in einem ordenseigenen Studienzentrum. Als Papst Benedikt XVI. vom 23. bis 26. März Mexiko besuchte, konnte ich mit meiner Gemeinschaft auch an der heiligen Messe in León, Guanajuta teilnehmen.
Unsere Reise begann am Samstag, 24. März, um 5 Uhr morgens. Für einige meiner Mitbrüder war es das erste Mal, dass sie den Papst sehen würden. Einer von ihnen ist der 20-jährige Br. Mario García aus San Luis Potosí, Mexiko. Während unserer 12-stündigen Busfahrt zeigte er mir begeistert das Kreuz, das er vor einem halben Jahr bei seiner ersten Ordensprofess bekommen hat. „Falls ich es schaffe, den Papst zu begrüßen, werde ich ihn bitten, es zu segnen“, erklärte er mir begeistert.
Als wir nach einem Zwischenstopp in unserem Quartier und weniger Schlaf als erwartet um 1 Uhr morgens am Busparkplatz ankamen, war diese Begeisterung meiner insgesamt 80 Mitbrüder noch angewachsen. Das Schlange-stehen war eine
Erfahrung für sich: Mit Sprechchören, Liedern und begeisterten Rufen taten die Menschenmassen ihren Enthusiasmus für den Heiligen Vater und die Kirche kund. Als einige Frauen aus einer Pilgergruppe hinter uns erfuhren, dass ich Deutscher bin, baten sie mich, das Vater unser auf Deutsch zu singen, was sie dann auch mit einem kräftigen Applaus belohnten. Dieses Erlebnis war für mich eine Erfahrung der unkomplizierten Nächstenliebe und Freude des mexikanischen Volkes. Das war nicht die einzige Gelegenheit, in der ich die Offenheit und Großzügigkeit der Menschen erfahren durfte: Ein Mann schenkte mir einen Strohhut, und einige Familien boten uns Decken und Schlafsäcke an, als wir nach über fünf Stunden in der Schlange um etwa 7 Uhr morgens an unserem Platz ankamen, damit wir uns setzen konnten, ohne schmutzig zu werden. Man konnte erfahren, dass diese Menschen nichts mit der Gewalt, die in Mexiko herrscht und von der man so oft in den Nachrichten hört, zu tun haben und dass sie sich nach einem friedlichen Miteinander und einer christlichen Gesellschaft sehnen.Die Ankunft des Papstes war einfach nur ergreifend. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie Benedikt XVI. den Hubschrauber verließ, um dann mit dem Papamobil durch die Menschenmassen zu fahren. Als ich sah, dass einige Menschen auf Bäume kletterten, um ihn besser zu sehen, musste ich sofort an Zachäus denken, der im Lukasevangelium auf einen Baum steigt, um Jesus zu sehen, der seinem Herzen den Frieden bringen würde. Genauso konnte man die Sehnsucht der Mexikaner danach, dass der Papst ihrem von der Gewalt geplagten Land Frieden bringen würde, mit den Händen greifen. „Es ist Christus, der in ihm zu uns kommt!“, kommentierte ein Sprecher, während der Heilige Vater die begeisterten Menschen begrüßte. Diese wiederum empfingen ihn wie schon Johannes Paul II. als einen von ihnen: „Benedicto, hermano, ya eres mexicano.“ — „Benedikt, Bruder, du bist schon Mexikaner.“
Für mich war diese Reise eine unvergessliche Erfahrung des Glaubens, und ich denke, sie war es für jeden einzelnen der 600.000 Teilnehmer dieser heiligen Messe. Der Papst hat den Menschen neue Hoffnung gebracht. Er hat ihnen nicht ihre Probleme genommen. Er hat sie vielmehr dazu ermutigt, die persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen mutig und gestärkt durch eine persönliche Begegnung mit Christus anzupacken. Er hat sie eingeladen, alle Müdigkeit des Glaubens zu überwinden, in der Freude zu wachsen, ein Christ und Freund Jesu zu sein, und sich so wie die Heiligen für den Frieden einzusetzen.
Br. Michael Hemm LC