Dienstag, 16. Februar 2021

Ungeahnte größere Freiheit

P. Joachim Richter LC erzählt, warum sich für ihn als Priester die Herausforderung „Exodus 90“ lohnt

Schon zum dritten Mal habe ich mich zu „Exodus 90“angemeldet. Was habe ich als Priester davon? Brauche ich das wirklich? 90 Tage lang kalt duschen, auf Alkohol und Süßes verzichten, jeden Mittwoch und Freitag fasten ..., ist das nicht eine sinnlose Selbstkasteiung? Jetzt zur Halbzeit (erster Tag war der 4. Januar, der 90. Tag ist Karfreitag) möchte ich meine persönlichen Erfahrungen mit euch teilen.

Als Vorbemerkung möchte ich sagen, dass es bei „Exodus 90“ nicht darum geht, wer der härteste Mann ist und sich am meisten abverlangen kann. Vielmehr dient die körperliche Askese einem höheren Ziel, das zentral für jeden ernsthaften Weg in der Nachfolge Christi ist: nämlich innerlich freier zu werden, um Gott und den Mitmenschen besser dienen zu können. Die Meister des geistlichen Lebens, wie z.B. die hl. Teresa von Avila oder der hl. Johannes vom Kreuz, legen uns für den Weg zur christlichen Vollkommenheit drei Etappen bzw. Wege vor: 1. den Weg der Reinigung, 2. den Weg der Erleuchtung und 3. den Weg der Vereinigung. Diese drei Wege gehören in der katholischen Kirche seit Jahrhunderten zur klassische Lehre über Spiritualität und Nachfolge.

„Exodus 90“legt den Fokus auf den Weg der Reinigung. Auf diesem Weg reinigt Gott die Seele von Bindungen an die Sünde. Wie funktioniert das? Hier wichtige persönliche Erfahrungen:

1) Loslösung von suchtartiger Nutzung von Handy und Internet. Als Priester bin ich mit vielen Menschen in Kontakt. Manche möchten meine Meinung zu etwas wissen, andere einen Termin ausmachen. Wieder andere sind dankbar, wenn ich ihnen Hinweise oder Material für einen christlichen Lebensstil oder überhaupt zum Glauben schicke. Wir alle sind Menschen unserer Zeit; und diese hat durch die Entwicklung der Messenger (WhatsApp und Co) dazu geführt, dass viele Menschen eine Antwort innerhalb kurzer Zeit erwarten. Das bedeutet für mich, dass ich mir mehrmals am Tag Zeit nehme, um die Nachrichten zu lesen und bei Bedarf zu beantworten.

An vielen Tagen hat das leider zu einer schlechten Gewohnheit geführt: Sogar noch nach den Nachtgebeten um 23 Uhr beantworte ich Nachrichten. Wenn man dann so am Handy oder PC ist, Nachrichten liest und beantwortet, führt oft ein Link zum nächsten; und schwupps sind schon wieder 10 oder 20 oder 30 Minuten Zeit vergangen! Dazu kommt noch, dass ich mich für technische Neuheiten interessiere und kaum ein Tag vergeht, an dem nicht wieder etwas Neues vorgestellt wird. Manchmal sind die neuen Nachrichten wie ein Fieber, wie ein Rausch, der einen mitreißen will. Man bleibt unmerklich hängen – das ist mir oft passiert!

Mir hat „Exodus 90“ konkret gebracht, dass sich meine in mancher Hinsicht suchtartige Nutzung von Handy und Internet merklich abgeschwächt und teilweise sogar aufgelöst hat. Echt genial! Lieber lese ich jetzt ein Weilchen in einem guten Buch und verschiebe das „Checken“ der Nachrichten auf den nächsten Morgen. Das gibt mir viel mehr Frieden, befreit mich aus dem Reiz-Reaktions-Verhalten und bewahrt mich vor dem Abrutschen in schädliche Inhalte.

2) Höheres Bewusstsein für Gottes Gegenwart. Meine Ordensgemeinschaft, die Legionäre Christi, zählt zu den aktiven Orden. Wir gehen auf die Leute zu, bieten viele geistliche und apostolische Aktivitäten an, sind ständig auf Achse. Das ist zwar grundsätzlich sehr gut und passt auch zu meiner Persönlichkeit, aber teilweise habe ich mich vom Wirbelwind der Aktivitäten so sehr mitreißen lassen, dass mir teilweise der innere Frieden abhanden und das Bewusstsein verloren gegangen ist: „Hallo, Gott ist da. Gott ist der, der alles bewirkt.“

„Exodus 90“ hat mir geholfen, das Bewusstsein für Gottes Gegenwart auch im Alltag und inmitten der vielen Beschäftigungen präsenter zu halten und damit die kontemplative Dimension meines Lebens zu bewahren. Ich kann viel gelassener bleiben und lasse mich von Ablenkungen weniger beeindrucken. Mir ist klarer als sonst: Es kommt vor allem auf meine Verbindung zu Gott an. Es ist wichtiger, dass ich mich von Gottes Liebe erfüllen lasse und mich ganz auf ihn ausrichte. Nicht mit meiner Arbeitsleistung werde ich die Welt retten, sondern Gott ist der Retter.

3) Weniger Gebundenheit an Dinge dieser Welt. Der hl. Ignatius von Loyola bringt den christlichen Umgang mit den geschaffenen Dingen glasklar auf den Punkt: „Um zur Vereinigung mit Gott zu gelangen, soll der Mensch die geschaffenen Dinge in dem Maße nutzen, als sie ihm zu diesem Ziel helfen, und soweit lassen, als sie ihn daran hindern.“

Theoretisch war mir dieses Prinzip eine Selbstverständlichkeit für mich. Aber in der Praxis habe ich es nicht immer geschafft, danach zu leben. In manchen Situationen war ich zu schwach. Manche Dinge dieser Welt sind so schön, so süß, so attraktiv, dass man eine große innere Stärke braucht, um sich von nichts vereinnahmen oder sogar versklaven zu lassen.

„Exodus 90“ hat mir eine deutlich größere innere Freiheit und Stärke geschenkt. Natürlich nicht über Nacht, sondern allmählich, auf dem nüchternen Weg von Gebet, Askese und Bruderschaft. Tag für Tag und Woche für Woche. Manchmal ist der Weg schwer. Aber hat Jesus nicht gesagt: „Wer mein Jünger sein will, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Mt 16,24)?

4) Größere Hingabe zum Wohl der Kirche. Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer einen Satz, der einen Schlüssel zum Verständnis des geistlichen Lebens darstellt: „Stellt euer ganzes Leben Gott zur Verfügung! Bringt euch Gott als lebendiges Opfer dar, ein Opfer völliger Hingabe, an dem er Freude hat. Das ist für euch der »vernunftgemäße« Gottesdienst“ (Röm 12,1).

Und der Apostel Petrus schreibt so ähnlich in seinem ersten Brief: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1 Petr 2,5)!

Geistige Opfer darbringen. Wie geht das? Bei Exodus 90 wird empfohlen, dass man sich ein persönliches WARUM überlegt, damit man vor Augen hat, aus welchen Gründen man an einem so fordernden Programm teilnimmt. Das WARUM sollte nicht ausschließlich persönlichen Zielen dienen, sondern mir klarmachen, FÜR WEN ich das auf mich nehme. Es soll zum Wohle anderer sein. Zu meinem persönlichen WARUM bei „Exodus 90“ gehören folgende drei Gründe:

(1) Ich mache mit aus Liebe zu Christus und für den mir anvertrauten Teil der Braut Christi (= die Kirche), die einen heiligen Mann Gottes verdient hat.

(2) Als Vorbild für die Männer (a) alle Männer mit denen ich zu tun habe und b) insbesondere für die Mitarbeiter bei Real Man).

(3) Darüber hinaus unterwerfe ich mich den Opfern bei Exodus, um einen kleinen Beitrag zur Reinigung der Kirche zu leisten, die in den letzten Jahren auf moralischem und geistlichen Gebiet schwere Schlagseite erlitten hat.

Ich glaube nicht, dass Exodus 90 für alle Männer ein passendes Programm ist. Und ich glaube auch nicht, dass man in jedem Lebensmoment daran teilnehmen sollte. Aber ich bin andererseits aus persönlicher Erfahrung fest überzeugt davon, dass Exodus 90 derzeit zu den besten katholischen Männerprogrammen gehört! Deshalb kann ich es uneingeschränkt empfehlen, auch für Priester. Ich glaube, dass das Programm wieder mehr Männer für die Pfarreien mobilisieren kann. Denn Männer lieben Herausforderungen.

Gottes Segen,

Euer P. Joachim Richter LC

 

Weitere Infos zu „Exodus 90“:

zum Bericht in der Tagespost.

Vortrag von einem Pfarrer auf Radio Horeb über Exodus 90.

Zeugnis von Dr. Michael Moos.

Zeugnis von Christian Enders.

zum Infoblatt.

zur Webseite von Exodus.

Deutschsprachiges Buch mit allen Inhalten erhältlich bei: Stefan Palma, palma.stefan@web.de

Auskunft zu Exodus-Männergruppen und zu spezifischen Fragen geben gerne: Jakob Hasenmaile, jr.hasenmaile@t-online.de und P. Joachim Richter LC, jrichter@legionaries.org

 

 

Additional Info

  • Untertitel:

    P. Joachim Richter LC erzählt, warum sich für ihn als Priester die Herausforderung „Exodus 90“ lohnt

  • Kategorie News : Aktuelles aus anderen Bereichen
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  • Druck / PDF: Ja
  • Region: Deutschland, Österreich

    

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