Sehr geehrter Pater Klaus,
hier meine Frage: Kann man berufen sein, wenn man manchmal am Glauben zweifelt?
Zur Zeit studiere ich Theologie und Philosophie an einer Universität, da ich mich, obwohl ich schon einige Orientierungskreise besucht habe, nicht durchringen konnte ein Konvikt oder Seminar aufzusuchen, um auf Priesteramt zu studieren.
Oft empfinde ich - durchaus auch über längere Zeiträume - eine tiefe Liebe zu Christus und meine auch, Gottes Liebe zu mir deutlich zu spüren. Dann empfinde ich auch den intensiven Drang, stärker als bisher in die Nachfolge Christi einzutreten und Gott mein Leben zu weihen.
Dann aber gibt es auch Tage an denen der Zweifel - auch an fundamentalen Glaubenssätzen - und die Skepsis überwiegen. Das geht - ich schäme mich fast es zu sagen - bis zum Zweifel an der Existenz Gottes! Oftmals ist es wie ein innerer Kampf in mir, der nicht selten schwer zu ertragen ist und mir zu schaffen macht.
Lieber P. Klaus, kann so jemand wie ich überhaupt berufen sein?
Lieber Wolfgang in Christus,
viele Grüße und herzlichen Dank für die offenherzige Anfrage. Sie stellen darin zwei Fragen, die ich gerne im Rahmen der Möglichkeiten beantworten möchte.
Als ersten Gedanken sprechen Sie den der Glaubenszweifel an. Sicherlich kennen Sie aus der Theologie die beiden Dimensionen des Glaubens: an etwas glauben, und jemandem glauben (credere aliquid et credere alicui). Die Inhalte unseres Glaubens nehmen wir an, nicht in erster Linie weil sie logisch, eingängig, sinnvoll oder hilfreich wären; sondern wir glauben letztlich deshalb, weil derjenige, der uns die Glaubensinhalte verbrieft, Gott selber ist. Da Gott nicht täuscht und die Wahrheit selbst ist, daher glauben wir alles, was er gesagt hat.
Nun muss man sich fragen, was Glaubenszweifel bedeuten. Es kann nämlich sein, dass man eigentlich nicht zweifelt, sondern nur das Gefühl (z.B. der Gegenwart Gottes) ausbleibt. Und das führt dazu, dass man die Glaubenswahrheit in diesem Fall die der Allgegenwart Gottes nicht mehr als solche akzeptiert. Das Problem jedoch ist nicht der Glaube, sondern die Tatsache, dass man zuviel Wert auf gefühlsmäßige Wahrnehmung legt. Wenn Gott dann erlaubt, dass dieses Gefühl zeitweise nicht vorhanden ist, dann tut er das, um den echten Glauben zu reinigen und zu stärken. Es kann auch sein, dass im Studium immer wieder Glaubenszweifel angeführt werden, die in einer Seele langsam Wurzeln fassen. Da muss man sich schützen durch gute Lektüre, Gebet und die bewusste Stärkung des Glaubens, auch von intellektueller Seite her. Eine solide Philosophie hilft ebenfalls, die Glaubensinhalte der Theologie rational zu untermauern und zu fundieren.
Woher die Glaubenszweifel bei Ihnen rühren, kann ich aufgrund der Distanz nicht sagen. Das müssten Sie am besten mit einem erfahrenen und soliden geistlichen Leiter besprechen.
Die zweite Sorge ist die: Kann so jemand wie ich überhaupt berufen sein, wenn er zweifelt? Ja, er kann! Wie bereit erwähnt: Glaubenszweifel können sogar gottgewollt sein, um uns zu festigen. Wir kennen das bei vielen heiligen Menschen, wie z.B. bei Theresia von Lisieux, die jahrelang innere Prüfungen des Glaubens zu bestehen hatte. Sie war nicht nur trotzdem berufen, sondern sogar eine Heilige. Ihrer Berufung, lieber Tim und Ihrer Heiligkeit steht also nichts im Wege.
Haben Sie viel Vertrauen auf Gott. Er liebt Sie mit einer sehr persönlichen Liebe. Sagen Sie oft Du zu ihm. Beten Sie wie ein Kind, voller kindlicher Freude und Offenheit. Und wenn es Ihnen möglich ist, suchen Sie eine Gruppe Gleichgesinnter und einen guten geistlichen Leiter.
Dann wird Gott Sie mit Sicherheit weiter auf Ihrem Weg auf dem gemeinsamen Weg mit Ihm führen. Nur Mut, denn Gott ist gut!
Ich bete für Sie. In Christus Ihr
Klaus Einsle LC